Nicht aufgepasst beim Treppensteigen, über den Bordstein gestolpert oder ganz einfach einen Misstritt gemacht – ein Sturz ist schnell passiert. Vor allem im Herbst und Winter, wenn es dunkel oder glatt ist, kommt es oft zu Stürzen.
Laut der Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) stürzen in der Schweiz jährlich 280 000 Personen. Ältere Personen sind am meisten gefährdet und leiden oft besonders lange an den Folgen des Sturzes.
Deshalb kommt es zum Sturz
Als Therapeutin beschreiben mir die Patienten ihre Stürze im Detail und die Geschichte dahinter ist meist ganz simpel. Hier drei typische Beispiele:
Sandra, 34 Jahre alt: «Zu Hause mag ich es bequem und praktisch. Deshalb trage ich meist offene Hausschuhe, welche schnell an- und ausgezogen sind. Beim Treppensteigen war ich kürzlich zu schnell unterwegs, die Ferse glitt aus dem linken Schuh und ich knickte um. Auf die Schnelle konnte ich mich nicht mehr am Geländer festhalten und bin die letzten beiden Stufen der Treppe runter gestürzt. Ich bin mit dem Fuss umgeknickt (Supinationstrauma) und hatte eine Prellung am Ellenbogen.»
Mark, 43 Jahre alt: «Beim Spaziergang in der Stadt hatte ich die Augen auf mein Handy gerichtet. Somit habe ich nicht realisiert, dass die Strasse auf einmal mit Kopfsteinpflaster belegt war. Mein Sprunggelenk ist bei der ersten Unebenheit umgeknickt und ich bin auf die rechte Seite gestützt. Ich fiel voller Wucht auf mein Becken. Ich litt unter schweren Prellungen und spürte tagelang starke Schmerzen beim Gehen.»
Rosemarie, 73 Jahre alt: „Ich war im Badezimmer, da habe ich die Türglocke gehört. Ich dachte es sei der Pöstler und wollte so schnell wie möglich die Türe aufmachen. Dabei bin ich über den Teppich im Eingangbereich gestolpert und hingefallen. Ich spürte sofort stechende Schmerzen in meiner Hüfte und konnte nicht mehr aufstehen. Ich musste mit dem Krankenwagen ins Spital gebracht werden. Ich hatte einen gebrochenen Oberschenkelhalsknochen.“
Wie die Beispiele meiner Patienten zeigen, gibt es ganz verschiedene Risikofaktoren für Stürze:
- Glatte, nasse oder unebene Bodenoberflächen
- Schlechte Beleuchtung
- Stürze von einer Leiter etc.
- Stolperfallen (Kabel, Teppiche, Gegenstände)
- Fehlendes Geländer an der Treppe
- Schlechtes Schuhwerk
- Ablenkung
So kann Physiotherapie helfen
Als Therapeutin habe ich unter anderem die Aufgabe meine Patienten für Risikofaktoren zu sensibilisieren, so dass Stürze gar nicht erst passieren. Hier spricht man von der sogenannten Primärprävention. Ich kläre Patienten über die Risikofaktoren auf oder zeige ihnen verschiedene Übungen um fit zu bleiben.
Natürlich spielen auch die Verhaltensweisen im Alltag eine grosse Rolle. Insbesondere im Alter können viele Stürze durch einfache Tipps vermieden werden (siehe Beitrag «10 Tipps gegen Stürze im Alltag»). Im besten Fall bleibt man nach einem Sturz unverletzt. Im schlimmsten Fall landet man wochenlang im Spital und muss monatelang zur Therapie gehen.
Diese Verletzungen kommen häufig vor
Zwei häufige Sturzverletzungen sind die Hüftkopffraktur und die Radiuskopffraktur.
- Als Hüftkopf wird das obere Ende des Oberschenkels bezeichnet. Die Verletzung wird meist operativ behandelt. Der Knochen wird mit Schrauben, Platten oder sogar mit einem neuen Hüftgelenk versorgt.
- Bei der Radiuskopffraktur ist die Speiche betroffen. Dabei handelt es sich um einen der beiden Unterarmknochen. Je nachdem wie stark der Bruch verschoben ist, wird dieser mittels Ruhigstellung in einer Schiene behandelt oder aber es wird gleich operiert.
In beiden Fällen ist die Folge ein Muskelabbau in der betroffenen Extremität. Zum einen soll während der Physiotherapie die Muskulatur gekräftigt werden. Zum anderen will man die Beweglichkeit im betroffenen Gelenk verbessern, damit sich die Patienten so rasch als möglich wieder sicher bewegen und in den Alltag zurückkehren können.
Die Angst vor weiteren Stürzen
Falls ein Patient bereits gestürzt ist, geht es vor allem darum weitere Stürze zu vermeiden (Sekundärprävention). Als Therapeutin konzentriere ich mich hier auf Gleichgewichts- und Stabilisierungsübungen. Ich versuche die entsprechende Muskulatur zu stärken oder mit den Patienten die Reaktionsfähigkeit zu üben, um Ihnen die Angst vor weiteren Stürzen zu nehmen.
Bei der Sekundärprävention geht es zudem um das richtige Verhalten nach einem Sturz. Dabei übt man mit den Patienten den sogenannten Bodentransfer. Das heisst, man zeigt ihnen Möglichkeiten auf, wie sie nach einem Sturz möglichst alleine und ohne fremde Hilfe aufstehen können.