Knapp eine Woche vor dem Weltcupauftakt erleidet Carlo Janka einen Kreuzbandriss. Eine Katastrophe, wo doch diesen Winter olympische Spiele anstehen. Um diese nicht zu verpassen, will der Schweizer Skistar die Ruptur “konservativ behandeln“, also auf eine Operation verzichten.

In letzter Zeit hört man immer häufiger, dass bei einem Kreuzbandriss eine Operation nicht zwingend notwendig ist. Doch was ist denn jetzt die richtige Nachversorgung nach der Diagnose Kreuzbandriss?

Unser Sportphysiotherapeut Tobias Hummel, der in unseren neuen Filiale am Basler Marktplatz arbeitet, beantwortet die wichtigsten Fragen zu diesem Thema:

Tobias, was ist ein Kreuzbandriss überhaupt und was hat dieser für Folgen?

Neben den Menisken, die als eine Art „Stossdämpfer“ für das Kniegelenk dienen, sind die Kreuzbänder als passive Strukturen von grosser Bedeutung. Das vordere und hintere Kreuzband spielt in Sachen Stabilität eine wichtige Rolle, denn sie halten das Knie wie zwei Anker zusammen. Sie sind die am häufigsten verletzte Bänder im menschlichen Körper. Stabilität gewährleisten sie unter anderem indem sie dem Gehirn Informationen über die Kniegelenksstellung senden und somit für die richtige Muskelspannung sorgen.

Anatomie Knie

In letzter Zeit wird ein Riss des Kreuzbandes immer öfters konservativ, also ohne Operation, behandelt. Was ist der Gedanke dahinter und funktioniert das?

Es hat sich gezeigt, dass Patienten die nicht operiert werden, häufig ein gleich gutes Ergebnis haben, wie Patienten nach einer OP. Aufgrund der Häufigkeit der Verletzung und den immensen Operationskosten, besteht hier natürlich enormes Einsparpotential. Des weiteren bringt eine OP immer Risiken mit sich. So können zum Beispiel Nachblutungen oder Infektionen auftreten.

Gibt es Studien zu diesem Thema?

Studien, wie die von Moksnes et. al zeigten, dass bis zu 69 % der Verletzen ihr ursprüngliches Sportlevel auch ohne eine Operation erreichen konnten. Die Rehabilitation beinhaltete ein professionell aufgebautes und strukturiertes Training, das konsequent über mindestens ein Jahr absolviert werden musste.

Ein Profiskifahrer wie Carlo Janka hat andere Belastungen für seine Knie wie ein „Jedermann“. Spielt das eine Rolle?

Für einen Profiskifahrer wie Carlo Janka kann man nur hoffen, dass wenig Begleitverletzungen vorhanden sind und somit das Wiederverletzungsrisiko geringer ist. Ob das ursprüngliche Niveau bis zur Olympiade zurückgewonnen werden kann ist jedoch sehr fraglich. Die Belastungen, die auf das Kniegelenk eines Profisportlers wirken sind immens. Ein nicht ausreichend therapiertes Kreuzband ist verletzungsanfälliger, stellt unzureichende Stabilität zur Verfügung und kann das Karriereende bedeuten. Wird die Rehabilitation aber konsequent durchgezogen, kann in den meisten Fällen auf eine Operation verzichtet werden, speziell bei Hobbysportlern.

Vielen Dank für die Infos. Und zum Schluss: was würdest du Janka empfehlen und glaubst du, dass er es zu Olympia packt?

Da die Wiederverletzungsrate nach weniger als einem Jahr Rehabilitation besonders hoch ist, rate ich Carlo Janka zu einer einjährigen Reha. Es ist jedoch durchaus verständlich, dass ein Spitzensportler wie Carlo vor solch einem Ereignis wie der Olympiade ein erhöhtes Risiko auf sich nimmt.