Reiten ist ein Sport, und zwar nicht nur für das Pony oder Pferd. Es sei denn, man lässt sich passiv transportieren. Mit Reiten hat das aber soviel zu tun wie Planschen in der Badewanne mit Schwimmen.

Reiten ist ein koordinativer Ausdauersport, der den Einsatz des ganzen Körpers erfordert. Reiten fördert die Koordinations- und Konzentrationsfähigkeit sowie das Gefühl für Bewegung, Gleichgewicht, Rhythmus und Timing. Gerade auf Kinder wirkt sich Reiten positiv aus. Das ist wissenschaftlich erwiesen. Kinder die reiten entwickeln Willensstärke, Durchhaltevermögen, Ehrgeiz, Optimismus, Zielorientiertheit und Selbstvertrauen. Im Umgang mit dem Pony lernen die Kinder zudem Verantwortung übernehmen.

Eine Studienkollegin von mir reitet und hat sich zur Tierphysio- und Hippotherapeutin weitergebildet. Gemäss ihren Aussagen sollten Kinder nicht vor acht oder zehn Jahren zu reiten beginnen. Grund ist die vertikale Belastung auf die Wirbelsäule durch die Schläge, die es vor allem beim Trab oder Galopp gibt. „Schritt“ wäre an sich kein Problem.

Schläge und Stöße auf die Wirbelsäule kommen bei den verschiedenen Sportarten in ganz unterschiedlicher Ausprägung vor. Bei einem Schritt – genauer beim Auftreten der Ferse auf den Boden – entsteht eine Stoßwelle, die bis zum Kopf übertragen wird. Während hohe Achsenbelastungen, wie zum Beispiel beim Gewichtheben, relativ gut toleriert werden, treten im Kunstturnen, Ringen, Eiskunstlaufen, beim Trampolin, aber auch bei Stürzen, teils unkontrolliert Krafteinwirkungen auf, die Schaden anrichten können. Die Kräfte, denen die Wirbelsäule ausgesetzt ist, reichen vom doppelten Körpergewicht beim normalen Gehen, dem dreifachen beim Laufen, dem vier- bis siebenfachen bei der Landung nach einem Sprung aus 30 Zentimetern Höhe, bis hin zum 24-fachen bei Landungen im Kunstturnen! Die gesunde Wirbelsäule vermag in der Regel selbst solch hohe Belastungen ohne Schaden aufzufangen. Vorausgesetzt sind eine gute muskuläre Stabilisierung und freie Beweglichkeit.Alle Kräfte, ob sie vom Körper auf den Boden oder vom Boden auf den Körper wirken, werden von der Wirbelsäule aufgefangen und weitergeleitet. Die Rückenmuskulatur stützt und bewegt die Wirbelsäule. Je besser sie ausgebildet ist, umso größer ist der Schutz der Wirbel und umso seltener treten Schmerzen und Beschwerden im Zusammenhang mit Belastungen im Alltag oder Sport auf. Sind Kinder noch zu jung, sind die stabilisierenden Rückenmuskeln noch zu wenig ausgebildet, um repetitive Schläge wie beim Reiten abzufangen. Auch das Knochenwachstum, das noch nicht abgeschlossen ist, toleriert solche Belastungen nicht. Es macht also Sinn, dass jüngere Kinder sich zuerst in allen möglichen Varianten bewegen. Erst wenn die Rückenmuskulatur und der Knochen genügend ausgebildet sind, macht Reittraining Sinn, sodass keine Wachstumsstörungen oder Schäden an der Wirbelsäule entstehen.