Sechs Physiotherapeutinnen, eine Masseurin und eine Praxisassistentin – acht Frauen arbeiten im Physiozentrum Basel Marktplatz. Doch das wird sich schon bald ändern. “Im Herbst soll ein männlicher Therapeut mehr Diversität ins Team bringen”, so Zentrumsleiterin Carmen Gempp. Das sei gut fürs Arbeitsklima. Nichtsdestotrotz bleibe die Physiotherapie aber eine Frauendomäne.

Als Chefin bringt Carmen Struktur ins Team und sorgt dafür, dass administrative Aufgaben und Patientenbetreuung möglichst effizient erledigt werden. 70 Prozent ihrer Zeit arbeitet sie am Patienten, 30 Prozent ihrer Zeit nehmen Therapieplanung, Mitarbeiterführung, Berichte, Lohnlisten, Meetings und Ärztemarketing in Anspruch.

“Bei uns gibt es keine Zickerei.”

Besonders genau nimmt sie es, wenn es um ihr Team geht. Jede Mitarbeiterin soll sich geschätzt, aufgehoben und verstanden fühlen. Das Verhältnis ist kollegial. Respekt und ein Miteinander auf Augenhöhe hat für die Leiterin des Standorts oberste Priorität. Deshalb bezieht sie ihre Mitarbeiterinnen auch in viele Aufgaben mit ein. “Bei uns herrscht absoluter Teamgeist, jede hilft jeder. Bei uns gibt es keine Zickerei. Ich versuche, auf jede Mitarbeiterin einzugehen, fair zu sein und immer eine Lösung zu finden, wenn es mal ein Problem gibt.” Um das Wirgefühl zu stärken, veranstaltet Carmen mit ihrem Team auch private Events. In Kürze steht eine Kochchallenge an.

Der Alltag im Zentrum ist fordernd. Wichtig ist ihr, dass die Unternehmensprinzipien eingehalten werden. Das bedeutet, dass die Patienten innerhalb von 48 Stunden einen Termin erhalten. Da kann es schon mal sein, dass die Therapeutinnen jeweils bis zu 19 Patienten am Tag behandeln. “Bei uns ist der Patientenandrang phasenweise sehr hoch. Im zweiten und vierten Quartal ist es besonders stressig. Da ist Überzeit keine Seltenheit.”

Von der hohen Fluktuation in der Branche spürt die Zentrumsleiterin in ihrem Team derzeit jedoch nichts. Trotzdem weiss sie, dass das Überangebot an Stellen viele Therapeutinnen dazu verleitet, sich rasch wieder eine neue Arbeitgeberin zu suchen. Es gehe meist darum, den eigenen Arbeitsalltag zu optimieren. Der administrative Aufwand sei gross, wenn man es genau nehme. “Das Schreiben von Patientenberichten machen leider nicht alle Praxen. Bei uns gehört es dazu. Es ist wichtig, zu dokumentieren, womit der Patient zu uns kommt und welche Therapieformen wir anwenden, um seine Geschichte nachvollziehen zu können.”

“In einer zweiten Runde lerne ich die Persönlichkeit einer Kandidatin kennen.”

In diesem Jahr soll das Team wachsen. Es bedarf weiterer Therapeutinnen und Therapeuten – sowohl in der Physiotherapie als auch bei den Massagen. Beim Bewerbungsprozess geht es Carmen vor allem um die menschliche Komponente. Passt eine Kandidatin zum Team? “Ich lege Wert auf Natürlichkeit. Ich kann nicht viel mit Prahlerei anfangen. Fachliche Qualifikationen werden bei einem ersten Gespräch eruiert. In einer zweiten Runde lerne ich die Persönlichkeit einer Kandidatin kennen und bringe ihr das potenzielle neue Umfeld näher.”

“Stell dir vor, du liest 50 Bücher gleichzeitig.”

Die meisten Therapeutinnen arbeiten in einem Teilzeitpensum. 80 bis 90 Prozent sind die Norm. Vor allem auch, weil die intensive Betreuung der Patienten erfordert, dass man einen Ausgleich schafft. “Stell dir vor, du nimmst ein Buch aus dem Regal und liest drei Seiten. Dann kommt das nächste Buch dran und mit ihm die nächsten drei Seiten. Das machst du bei etwa 50 Büchern, die du alle gleichzeitig zuordnen und verstehen musst. So lässt sich unser Job beschreiben”, so die Chefin, die selbst in einem Vollzeitpensum arbeitet.

Ändern möchte Carmen trotzdem nichts an ihrer Arbeitssituation. “Dass ich neben meiner Verantwortung für das Team und den organisatorischen Aufgaben so viel Zeit mit unseren Patienten verbringen kann, geniesse ich sehr. Besonders dann, wenn sich eher passive Patienten für Bewegung begeistern lassen und ich sie dazu motivieren kann, Übungen auch zuhause zu absolvieren.”

Bevor Carmen Gempp vor zwei Jahren als Zentrumsleiterin das Physiozentrum Basel Marktplatz eröffnete, arbeitete sie als Sportphysiotherapeutin in Zürich. In Basel führt sie mittlerweile ein 7-köpfiges Team, das im Laufe des Jahres um 3 Mitarbeitende ergänzt werden soll.