Am 08. Oktober war unser Zentrumsleiter aus Wil, Jan Peters, in der Sendung Puls im SRF zu sehen.

Sendung verpasst oder einfach neugierig? Alle wichtigen Details zum Drehtag in Wil haben wir hier zusammengefasst. Vorweg haben wir für Sie noch wichtige Hintergrundinformation rund um das Gesäss.

Der Gesässmuskel

Die Gesässmuskulatur setzt sich aus mehreren Muskeln zusammen. Der grösste von ihnen ist – wie der Name schon sagt – der grosse Gesässmuskel mit der Fachbezeichnung Musculus gluteus maximus. Ihn unterstützen der mittlere und der kleine Gesässmuskel, auch bekannt unter Musculus gluteus medius und minimus. Der Musculus piriformis wird zwar nicht in die Gruppe der drei Gesässmuskeln gezählt, hat aber ähnliche Funktionen.

Gesässmuskulatur

Die einzelnen Muskeln haben eine differenzierte Funktion. Der grosse Gesässmuskel ist wichtig für die Hüftstreckung. So verhindert er ein Abkippen des Beckens nach vorne (=anterior pelvic tilt) und ermöglicht das Treppensteigen. Das seitliche Abkippen des Beckens verhindern der kleine und der grosse Gesässmuskel. Das Abspreizen und Heranziehen des Beins, sowie die Aussen- und Innendrehung wird ebenfalls unter anderem durch die Gesässmuskulatur ermöglicht. Eine gute Zusammenarbeit der einzelnen Gesässmuskeln ist sehr wichtig.

Der Drehtag in Wil

Das Redaktionsteam des SRF betritt das Physiozentrum Wil. Zentrumsleiter Jan Peters begrüsst die Gäste herzlich. Diese möchten heute von ihm wissen: Was ist denn diese „Gluteale Amnesie“, die momentan in aller Munde ist. Sie haben gehört es wird auch „Dead Butt Syndrome“ (=wörtlich zu Deutsch „totes Gesäss Syndrom“) genannt.

Jan Peters, Physiotherapeut

Jan Peters erklärt: Vor allem durch lange, sitzende Tätigkeiten ohne sportlichen Ausgleich, aber auch durch schlechte Haltung im Alltag und durchaus auch bei sportlichen Aktivitäten kann es passieren, dass die Gesässmuskeln nicht oder nicht ausreichend gebraucht werden. Unsere Muskulatur braucht aber genügend Reize und grosse Impulse, um wachsen zu können oder erhalten zu bleiben. Geschieht dies nicht, kann es sein, dass sie regelrecht vergisst zu funktionieren. Wir vergessen, diesen Muskel zu benutzen. Diese sogenannte Dekonditionierung passiert natürlich generell überall im Körper wo Muskulatur nicht gebraucht wird. Zur Haltung möchte ich noch sagen, dass hier vor allem die Beckenkippung eine wichtige Rolle spielt. Vor allem die Beckenkippung nach vorne und unten (=Hohlkreuz) ist in diesem Fall negativ. In der Fachsprache heisst das anterior pelvic tilt.

Das Redaktionsteam befragt eine Patientin von uns, die ursprünglich wegen Schmerzen im Oberschenkel zu uns in die Praxis kam. Auch bei ihr hat der Therapeut eine verringerte Gesässaktivität festgestellt. Die Patientin sagt: „Ich hätte mir nie gedacht, dass unser Gesäss eine so wichtige Rolle spielt. Eigentlich habe ich die Schmerzen ja ganz woanders gespürt.“

Warum das so ist beschreibt Jan Peters so: Oft müssen andere Muskeln die verlorene Kraft kompensieren und sind dann schnell überlastet. Der Gegenspieler der Gesässmuskeln, der Hüftbeuger, ist meist „überaktiv“. Durch diese Überaktivität vergisst das Gesäss zu arbeiten und verliert häufig zusätzlich die Elastizität, also die Dehnbarkeit. Als Resultat dieses Prozesses kann es zum Beispiel zum sogenannten „Lower crossed syndrome“ kommen. Wir Physiotherapeuten bezeichnen mit diesem Fachausdruck mehrere Auffälligkeiten, die zusammen zu Problemen wie Rückenschmerzen etc. führen können. Beim Lower crossed syndrome spielen vor allem schwache Gesäss- und Bauchmuskeln, sowie angespannte Hüftbeuge- und Rückenmuskeln eine grosse Rolle.

Jetzt ist das Team vom SRF aber neugierig geworden. Wir alle möchten ja Rückenschmerzen möglichst verhindern. Deshalb bitten Sie den Physiotherapeut um weitere Infos: Wie kann ich denn erkennen, ob mein Gesässmuskel zu schwach ist?

Auch hier weiss der Physiotherapeut Rat: Die Schwäche des mittleren und des kleineren Gesässmuskels sieht man vor allem beim Gehen. Wir nennen diese Muskeln auch Musculus gluteaus medius und Musculus gluteaus minimus. Können diese Muskeln das Becken nicht ausreichend stabilisieren, kommt es zum seitlichen Absinken des Beckens auf der Standbeinseite. In der Physiotherapie spricht man dann von „Pelvic drop“. Als Schnelltest könnt ihr auch versuchen, die Gesässmuskeln in die Hand zu nehmen und zusammenzudrücken. Ihr merkt dann sehr schnell, ob dieser Muskel auf eure Befehle reagiert und sich kraftvoll zusammenzieht und ob ihr die Spannung auch für eine Weile halten könnt. Ich möchte hier anmerken, dass dieser Test natürlich nicht sehr spezifisch ist und wir solche Methoden in der Physiotherapie nicht anwenden. Für euch selber ist das aber sicher mal interessant und ihr bekommt einen groben Eindruck.

Gehen wir davon aus, dass unsere Gesässmuskeln zu schwach sind. Was sollen wir dann tun? Oder sagen wir besser, wir möchten gar nicht erst, dass unsere Gesässmuskeln zu schwach werden. Kann man einem Dead Butt Syndrom vorbeugen? Sie begleiten Jan Peters in den Raum für medizinische Trainingstherapie im Physiozentrum Wil.

Jan Peters zeigt vor: Ganz besonders gut eignen sich Übungen wie Squats, besser bekannt als Kniebeugen. Bei den sogenannte Squat lunges gehen wir noch einen Schritt weiter und führen die Kniebeugen im Ausfallschritt durch. Auch Deadlifts, unter Fitnessstudiogehern als Kreuzheben bekannt, oder Bridging sind super Kraftübungen für unser Gesäss. Zusätzlich empfehle ich immer die Dehnung des Hüftbeugemuskels.

Das Redaktionsteam bedankt sich recht herzlich für den interessanten Tag. Sie wissen jetzt, dass das Gesäss eine wichtige Rolle spielt und werden in Zukunft viel mehr auf diesen Muskel achten.

Unsere Physiozentrum-Tipps für ein starkes Gesäss:

  • Entscheiden Sie sich für Treppen steigen anstatt Lift fahren. Diese Alltagsbewegung ist eine super Kräftigungsübung für die Gesässmuskulatur
  • Versuchen Sie im Einbeinstand das Gesäss zu aktivieren. Das Becken sollte dabei nicht zur Seite wegkippen oder absinken. Bei Wartezeiten auf Bus und Bahn können Sie so ganz nebenbei ihrem Gesäss etwas Gutes tun.
  • Eine der besten Übungen für das Gesäss, die Squat Lunges, haben wir in diesem Video genau für Sie beschrieben.
  • Vergessen Sie nicht den nötigen Ausgleich im Arbeitsalltag. Alle wichtigen Infos hierzu finden Sie in diesem Artikel.

“Puls” vom 08.10.2018

Die Sendung finden Sie in der Mediathek, ab Minute 25:30, unter: “Puls” – Das vergessene Gesäss

Ausserdem finden Sie einen zusätzlichen Beitrag mit einem Übungsvideo unter: “Puls” – Körper&Geist