Heute – zehn Jahre später – sitzen die beiden Landolts in Blazer und Anzug in ihrem Büro ganz in der Nähe vom Hauptbahnhof Zürich und schmunzeln über ihre Ideen und Vorstellungen von damals. Denkt Martina Landolt an die Anfänge des Physiozentrums zurück, erinnert sie sich an Begriffe wie Arbeitsbedingungen und Branchenfortschritt. Denkt Christoph Landolt zurück, kommen ihm zuerst Billy-Regale in den Sinn. So unterschiedlich ihre Erinnerungen sind, so unterschiedlich ist ihr Werdegang.
Höhere Standards
Martina Landolt, ausgebildete Physiotherapeutin, arbeitete in ihren Karriereanfängen in Spitälern und Praxen. Früh hat sie gemerkt, dass Zahlen für sie genauso spannend sind, wie gerissene Kreuzbänder, Ganganalysen und Rehapläne. Ausserdem waren ihr die damaligen Arbeitsbedingungen für Physios und die mangelnde Infrastruktur ein Sporn im Fersen, pardon, ein Dorn im Auge. Martina wollte es besser machen und die Standards für Mitarbeiter und Patientinnen erhöhen. Bald eröffnete sie gemeinsam mit einer anderen Physiotherapeutin ihre erste Praxis.
Das Ketten-Konzept
Zur gleichen Zeit arbeitete Christoph Landolt als Journalist. Sein Traumberuf war allerdings Unternehmer. Der eine Beruf führte zum anderen: Eines Tages stand ein Interviewtermin zum Thema Ketten-Konzepte mit Christoph Hürlimann an, der zusammen mit seiner Frau Sara Hürlimann die Zahnarztkette «Zahnarztzentrum.ch» gegründet hatte. Die Ideen aus der Balkonsitzung mit Martina waren noch frisch und die beiden Christophs verstanden sich gut. Das journalistische Interview wurde zur Nebensache und schnell war klar; das Ketten-Konzept lässt sich auch in der Physiotherapie perfekt umsetzen.
Der Kebab-Stand
Die Voraussetzungen waren optimal, Martina brachte das Physio-Know-how und ihre Visionen mit, Christoph den Blickwinkel aus Patientensicht und den Servicegedanken. 2011 gründeten sie die Firma Physiozentrum.ch AG in einem Kebab-Stand in Uster. Im Juni 2012 eröffneten sie die erste Praxis in Wetzikon.
Die Unternehmer
In den ersten Monaten und Jahren stellte sich das Paar vielen Herausforderungen. Unzählige Billy-Regale für die Behandlungszimmer mussten zusammengeschraubt werden. Daneben warteten auch unternehmerische Aufgaben wie Businesspläne für Banken, Buchhaltung und Personalführung auf die beiden.
Die Startphase war zeitweise aufreibend und die Unsicherheit machte sich immer wieder breit: Schaffen wir das? Sind wir auf dem richtigen Weg? Die beiden brauchten zu Beginn viel Mut, Durchhaltewillen, Disziplin, verschiedene Schraubenzieher – und eine gute Streitkultur. Sie lernten sich knallhart zu kritisieren, einzustecken und dabei lösungsorientiert zu bleiben. Aber mit viel Selbstvertrauen haben sie das gemacht, was – wie Christoph gerne sagt – Unternehmer machen: etwas unternommen.
Wachstum
Auf den Standort Wetzikon folgen zwei Jahre später neue Praxen in St. Gallen und Basel. Und es geht in grossen Schritten weiter: Nach zehn Jahren zählt das Physiozentrum 25 Praxen in der Deutschschweiz. Aus den anfänglich zwei Mitarbeiterinnen sind knapp 300 Physios, Masseure und Praxisassistentinnen geworden. Da sehr viele davon gerne das Tanzbein schwingen, ist mit dem Team auch die Location für die traditionelle Weihnachtsparty gewachsen.
Auf ihrem Weg als Geschäftspartner lernten die beiden nicht nur neue Probleme, Lösungen und sich gegenseitig besser kennen, sondern auch jede Menge neuer Leute. Deshalb haben sich die bisherigen Mühen für die beiden gelohnt: Für neue Freundschaften und einen spannenden Job. Die ständige Abwechslung, die Weiterentwicklung und das kontinuierliche Lernen machen das Physiozentrum für Martina und Christoph zu einer Lebensaufgabe, die den beiden auch zehn Jahre nach der Balkon-Sitzung noch grosse Freude macht.