Beginnen tut es oft ganz harmlos: Sie stolpern beispielsweise beim Joggen und verdrehen sich das Knie. Da es ab dann doch ab und zu schmerzt, gehen Sie zum Arzt. Dieser diagnostiziert einen Meniskusriss. Nun tauchen bei Ihnen wohl einige Fragen auf: Reicht eine Physiotherapie zur Heilung? Oder müssen Sie gar operiert werden? David Marx, Physiotherapeut im Physiozentrum Wil, beantwortet die wichtigsten Fragen:

David Marx, was ist und was kann der Meniskus?

Der Meniskus ist eine halbmondförmige, knorpelartige Struktur im Kniegelenk. Er hilft, die Kraft vom Oberschenkel auf den Unterschenkel zu übertragen. Er gleicht den Druck aus, dämpft Stösse und stabilisiert das Gelenk. Jedes Kniegelenk hat einen Innen- und einen Aussenmeniskus. Der Innenmeniskus reisst häufiger, da er mit dem sogenannten Kapselbandapparat verwachsen ist und grösseren Zugbelastungen standhalten muss.

Wann reisst der Meniskus?

Der Meniskus reisst einerseits bei Unfällen: Man verrenkt sich – wie ich anfangs erwähnt habe – beispielsweise das Knie. Oder man macht eine plötzliche Drehbewegung und stoppt diese urplötzlich. Besonders häufig erleiden deshalb Ballsportler und Skifahrer einen Meniskusriss.

Häufiger noch sind aber degenerative Risse. Dabei wird der Meniskus zu stark beansprucht, oft gar lange Zeit überbelastet. Etwa beim Sport, beim Arbeiten in tiefer Hocke oder weil man übergewichtig ist. Die Überbelastung führt zu winzigen Rissen im Meniskusknorpel, die durch eine alltägliche Bewegung zu einem tiefen Riss führen können.

Wo schmerzt ein Meniskusriss?

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen stabilen und instabilen Rissen. Stabile Risse sind solche, die keine Schmerzen verursachen. Bei instabilen Rissen kommt es zu Einklemmungs-Erscheinungen wenn man das Kniegelenk bewegt. Das führt zu Reizen im Kniegelenk und schmerzt somit.

Die Menisken im Kniegelenk

Wie merkt man, dass man einen Meniskusriss hat – er schmerzt ja nicht immer?

Korrekt, ein Meniskusriss schmerzt nicht immer. Sehr häufig tut er es aber. Die Diagnose Meniskusriss wird anhand der Schmerzensgeschichte und verschiedenen sogenannten Provokationstests, die den typischen Schmerz reproduzieren sollen, ermittelt. Ein nicht schmerzhafter Riss wäre nur durch Zufall, beispielsweise in einem MRI, zu erkennen. Ich vermute, dass ein solcher Riss aber wohl nicht behandelt werden muss.

Verheilt denn ein Meniskusriss manchmal von selbst?

Wenn der Riss in der gut durchbluteten Zone des Meniskus ist und er nicht zu tief in die schlecht durchbluteten Bereiche geht, kann er von alleine heilen. Allerdings dauert das sehr lange.

Würden Sie sich eher für eine Therapie oder eine Operation entscheiden?

Das ist ganz unterschiedlich. Ob eine Operation angebracht ist oder eine Therapie reicht, hängt von der Grösse und dem Ort des Risses ab, aber auch von Alter, Sportlichkeit und Schmerzen des Patienten.

Was spricht für die Therapie, was dagegen?

Grundsätzlich – und gerade bei jungen Menschen – versucht man, die Menisken zu erhalten. Deshalb wird bei kleineren, inkompletten, degenerativen und stabilen Rissen zunächst eine Physiotherapie empfohlen. Das hat den grossen Vorteil, dass das Meniskusgewebe und somit auch seine Funktion als Stütze erhalten bleiben. Eine Heilung ist allerdings nur möglich, wenn sich der Riss in jenen Meniskusanteilen befindet, die gut durchblutet sind.

Wie sieht die Therapie aus?

Häufig kommen ältere Patienten mit degenerativen Meniskusverletzungen zu uns in die Praxis. Sie können das Kniegelenk nicht mehr durchstrecken und klagen über Schmerzen in Höhe des Gelenkspaltes. In diesem Fall mobilisieren wir das Gelenk und stabilisieren das Knie in der Beinachse. Wenn man es beugt, sollte es weder gegen innen noch gegen aussen knicken. Zusätzlich muss die Muskulatur, die das Knie stabilisiert, trainiert werden. Baut man Kraft auf und übt den Gang, können die Beschwerden gelindert werden.

Tritt nach sechs Wochen keine Besserung ein, kann man über eine Operation nachdenken. Nach einer OP kommt ebenfalls Physiotherapie ins Spiel, wobei zu Beginn allerdings noch die Entzündung berücksichtigt werden muss.

Was passiert bei einer OP?

Ein Meniskusriss muss im schlimmsten Fall entfernt werden. Manchmal kann er auch zusammengenäht werden. Bei sehr kleinen Rissen kann auch ein Aufrauen des Meniskusgewebes Erfolg haben. Dabei raut man die Ränder des Meniskusrisses gezielt auf, bis es blutet. Das verbessert die Nährstoffversorgung und regt somit die Selbstheilung des beschädigten Gewebes an.

Was sind die Folgen der unterschiedlichen Operations-Formen?

Muss Meniskusgewebe ganz oder teilweise entfernt werden, steigt die Belastung im Knie um ein Vielfaches an und der Gelenkknorpel verschleisst schneller. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich früher oder später eine Kniearthrose entwickelt, nimmt zu. Der Meniskus wird deshalb bei jungen Patienten, die Sport treiben, sehr ungern entfernt.

Bei einer sogenannten Meniskusnaht ist eine Arthrose unwahrscheinlicher als wenn man den Meniskus entfernt. Allerdings dauert der Rehabilitations-Prozess länger.

Wie lange muss man denn nach einer OP beim Sport aussetzen?

Entfernt man beim Operieren nur Gewebe, müssen Sportarten, die das Knie stark belasten – etwa Fussball oder Skifahren – ungefähr drei bis fünf Monate ausgesetzt werden. An Stöcken geht man nur für kurze Zeit. Gibt es nur geringe Entzündungen, darf man gegebenenfalls auch gleich voll belasten.

Bei einer Meniskusnaht geht man 4–6 Wochen an Stöcken. Für Sportarten, die die Knie stark belasten, muss man mindestens 6 Monate Rehabilitationszeit einplanen.