Die manuelle Lymphdrainage ist eine von vielen Behandlungen, die das Physiozentrum anbietet. Physiotherapeut David Marx hat sich unter anderem auf diese Massage-Technik spezialisiert. Wie Sie sich die Behandlung vorstellen und was Sie sich davon versprechen dürfen, erklärt er im Interview.

David, welchen Satz hörst Du von den Patienten oft nach einer Lymphdrainage?

“Ich muss auf das WC” oder “das Bein fühlt sich schon bei den ersten Schritten viel leichter an”.

Wieso genau diese Bemerkungen, darfst du uns gleich erklären. Zuerst zur Grundlage dieser Massage-Technik: Was versteht man unter den Begriffen Lymphflüssigkeit, Lymphknoten und Lymphgefässe?

Die Lymphflüssigkeit fliesst in den sogenannten Lymphgefässen. Es ist eine wässrige, leicht milchig getrübte Flüssigkeit. Sie enthält vor allem Elektrolyte (wie Kalzium oder Magnesium) oder Eiweisse. Aber auch weisse Blutkörperchen, welche für die Immunabwehr wichtig sind.

Zu den Lymphknoten: Der Mensch hat insgesamt etwa 600 Lymphknoten. Die meisten davon sind an Hals, Achsel, Leisten und entlang des Magendarmtraktes zu finden. Die Lymphknoten kann man sich als Filterstation vorstellen. Sie filtern schädliche Bestandteile aus der Lymphflüssigkeit, die nicht in die Peripherie gelangen sollen.

Die Lymphgefässe bilden ein Transportsystem, welches die Lymphknoten miteinander verbindet. Man findet die haarfeinen Kanäle dementsprechend im ganzen Körper. Sie verlaufen zirka parallel zu unserem venösen System.

Was genau passiert nun bei der manuellen Lymphdrainage?

Zum einen wird der Lymphfluss im Körper aktiviert. Man bringt den Wasserhaushalt in Gang und die Patienten müssen deshalb oft gleich nach der Behandlung auf’s WC. Zum anderen regt man die Zirkulation in den Venen an. So fühlen sich Beine oder andere Körperteile nach der Behandlung oft leichter an als noch davor.

Du motivierst sozusagen die Lymphflüssigkeit zum Arbeiten?

Man kann sich das so vorstellen: Die Lymphflüssigkeit wird vom Körper selbstständig durch diese Lymphgefässe transportiert. Wir sprechen hier von zirka zwei Liter pro Tag, die sich ihren Weg durch unseren Körper suchen. Will man nun aktiv in dieses Geschehen eingreifen, kann man dies durch Zusammenpressen der Lymphgefässe beziehungsweise mit der Drainage tun.

Wie darf man sich eine Lymphdrainage in der Praxis vorstellen?

Behandelt wird mit direktem Hautkontakt. Auch wenn beispielsweise vor allem das Bein behandelt werden soll, regt man immer das gesamte Lymphsystem an. Beim Bein würde ich zuerst die Lymphknoten am Hals und in der Schlüsselbeinregion in Angriff nehmen, erst später das Bein selbst. Behandelt wird mit verschiedenen Grifftechniken und auch der Druck variiert je nach Therapiegrund. Bei Patienten mit Bestrahlung beispielsweise wird das oft verklebte Gewebe durch scheibenwischerartige Bewegungen gelöst.

Bestrahlung als Stichwort. Lymphdrainage wird offenbar oft nach einer Brustkrebs-Operation angewendet. Wieso das?

Bei der Brustkrebs-Operation werden häufig Lymphknoten in der Achsel entfernt. So soll eine Streuung des Krebses verhindert werden. Die noch verbliebenen Lymphknoten sind danach oft überfordert. Durch die Lymphdrainage kann beispielsweise die Bildung eines Lymphödems (Flüssigkeitsansammlung) verhindert werden.

Wann kann Lymphdrainage sonst noch helfen?

Lymphdrainage wird nach jeglichen akuten Verletzungen angewendet, mit denen eine Schwellung und Entzündung einhergeht. Typische Beispiele sind Schwellungen nach Operationen (Gewebeverletzung), geschwollene Beine in der Schwangerschaft, Venenprobleme oder Lymphödeme ohne bekannte Ursache. Indem die Flüssigkeit im Gewebe verringert wird können die Heilungsprozesse schneller stattfinden.

Auch bei chronischen Problematiken wie beispielsweise dem „complex regional pain syndrome” (CRPS, eine Erkrankung der Gliedmassen) ist Lymphdrainage als schmerzlindernde Massnahme empfehlenswert.

Am Schluss der Behandlung wird eine Art Kompressions-Bandage gemacht. Wie muss man sich diese vorstellen und wozu dient sie?

Die Kompressions-Bandagierung ist besonders in der ersten Sitzung wichtig, um den Effekt der Lymphdrainage aufrecht zu erhalten. In den meisten Fällen wird sie erst vor dem Schlafengehen abgelegt. Leider ist die Bandage bei den Patienten eher unbeliebt, da es einfach nicht schön ist, als „Mumie” rumzulaufen. Nicht in allen Fällen muss und soll bandagiert werden. Bei einer Venen-Insuffizienz beispielsweise ist sie kontraproduktiv. Wenn die Schwellung erst einmal abgenommen hat, ist es zudem sinnvoll, einen speziell angepassten Stützstrumpf zu tragen.

Bandagierung vom Fuss während einer Lymphdrainage

Ist die Behandlung entspannend oder eher unangenehm?

Lymphdrainage ist meist entspannend, da die Griffe mehrheitlich sanft sind. Bei eiweissreichen, sehr festen Ödemen müssen allerdings auch starke Verschiebegriffe angewendet werden. Diese sind sehr effektiv, aber nicht immer angenehm. Ziel ist allerdings immer eine Entstauung und dadurch Schmerzlinderung und Entspannung.