Kreuzbandverletzungen treten meistens beim Sport auf, können aber auch ohne ein grosses Belastungstrauma auftreten. Die Verletzung ist häufig sehr schmerzhaft und mit Schwellungen und Bewegungseinschränkungen verbunden. Zusammen mit dem Arzt und Therapeuten können Sie diese Verletzung zielgerecht behandeln und schwere Langzeitfolgen vermeiden. Was tun bei einem Kreuzbandriss?

Die Anatomie des Kniegelenks kurz erklärt

Unser Kniegelenk wird von Muskeln, Sehnen und Bändern stabilisiert. Das vordere und hintere Kreuzband zentralisieren das Kniegelenk und sorgen für die vordere bzw. hintere Stabilität. Das heisst, dass der Unterschenkel im Verhältnis zum Oberschenkel sich ohne weiteres nicht nach vorne bzw. hinten verschieben kann, sofern die Kreuzbänder ihre Funktion sorgfältig ausführen können. Ein vorderer Kreuzbandriss kommt in etwa zehn Mal öfter vor als ein hinterer Kreuzbandriss. Grund dafür sind die häufiger auftretenden Belastungsmanöver im Alltag und Sport, die das vordere Band stressen. Ausserdem ist das hintere Kreuzband wesentlich stärker und belastungsresistenter.

Wie kommt es zum Kreuzbandriss?

Zum Zeitpunkt der Verletzung kann der Betroffene ein Reissen oder einen Knall hören. Meistens passiert der Riss beim Sport. Kontaktsportarten wie Fussball und Handball oder alpiner Skilauf bergen ein höheres Risiko. (Kann Jankas Kreuzband durch Physiotherapie rechtzeitig heilen?Die Skisaison läuft leider zu oft inklusive Kreuzbandriss.)

Ein typisches Bewegungsmuster ist folgender: der Fuss hat Bodenkontakt, das Knie ist in leicht gebeugter Stellung und verdreht meist nach innen. Die Kombination mit einem plötzlichen Richtungswechsel, die Landung nach einem Sprung oder ein plötzliches Abbremsen können letztendlich zu diesem Trauma führen. Man unterscheidet zwischen einer Teil- oder Komplettruptur. Bei der Teilruptur sind nur die inneren Fasern des Bandes gerissen, die Hülle ist noch intakt. Bei der Komplettruptur kann es neben dem vollständigen Riss bei einem schweren Trauma vorkommen, dass ein Teil des Knochens mit herausgerissen wird.

Mit der Verletzung verspürt der Betroffene meist starke Schmerzen (oft an der Innenseite tief im Knie), eine Schwellung und möglicherweise ein Bluterguss wird ums Gelenk sichtbar. Das Kniegelenk fühlt sich instabil an, es kommt zu Bewegungseinschränkungen und gestörtem Gangbild.

Wer ist besonders häufig betroffen?

Normalerweise können die Kreuzbänder um die 2400kg standhalten. Vorherige Verletzungen, muskuläre Ungleichheiten, unzureichende Stabilität, Ermüdung, Übergewicht, schlechtes Schuhwerk oder Bodenbeschaffenheit (nasser Rasen) erhöhen aber das Verletzungsrisiko. Sportler aus den Bereichen Fussball, Handball, Basketball oder Skisport sind am meisten gefährdet. Ebenso 15-24 – jährige Personen. Frauen reissen sich das vordere Kreuzband 4-8 Mal häufiger als Männer.

Wie sieht die Diagnostik aus?

Werden Sie zum Arzt geschickt, wird dieser mit Ihnen eine Anamnese, d.h. ein Gespräch, durchführen. Insbesondere der Unfallmechanismus und mögliche Risikofaktoren sind wichtig zu besprechen. Ausserdem wird eine körperliche Untersuchung, bestehend aus einer Palpation (Abtasten), Bewegungsprüfung und speziellen Stabilitätstest, vom Arzt durchgeführt. Eventuell wird es notwendig sein ein MRI oder Röntgenbild zu machen, um das Ausmass der Verletzung oder mögliche Begleitverletzungen zu erkennen.

Kreuzbandriss – was tun?

Direkt nach dem Unfall sollte das Knie ruhiggestellt und hochgelagert werden. Dies kann mithilfe von Unterarmgehstützen und/ oder einer Schiene passieren. Schmerz- und schwellungsreduzierende Massnahmen können eingesetzt werden: Eis zum Kühlen und vom Arzt verschriebene Medikamente. Ein Sportler muss das Training und den Wettkampf pausieren, bis weitere Abklärungen stattgefunden haben.

Je nachdem, ob das Knie operiert werden muss oder nicht, variiert das Behandlungsmuster. Heutzutage können Kreuzbänder mit einer Operation behandelt werden. Dabei wird ein Verfahren (Athroskopie) verwendet, welches nur wenige kaum sichtbare Schnitte braucht. Der Arzt muss entscheiden, ob das eigene Kreuzband erhalten bleiben kann oder ob es notwendig ist, eine Sehne von einem anderen Muskel als Ersatz zu gebrauchen. Menschen mit einem hohen Aktivitätslevel, Risikoberufsgruppen, junge Leute, Komplettrupturen und jene mit zusätzlichen Begleitverletzungen werden eher operiert.

Wie kann Physiotherapie helfen?

Die physiotherapeutische Nachbehandlung passt sich der Operationstechnik an. Prinzipiell sind aber folgende Massnahmen nach einer Operation oder nach dem Trauma generell sinnvoll:

  • schwellungs- und schmerzreduzierende Anwendungen
  • Beweglichkeitsverbesserung im Kniegelenk und wenn nötig der angrenzenden Gelenke (Fuss und Hüfte)
  • Kraftaufbau der kniestabilisierenden Muskulatur
  • Gleichgewichtstraining und Koordinationsübungen
  • Verbesserung der Beinachsenstabilität
  • Qualitätskontrolle der Sprungaktivitäten und Richtungswechsel
  • weitere sportspezifische Manöver

Links richtige Ausführung, rechts fehlerhafte

 

Im Bild sieht man auf der rechten Seite ein häufig auftretendes Problem: die Tendenz mit dem Knie zur Körpermitte zu gehen. In dem Fall ist die Beinachsenstabilität gestört, es herrscht ein muskuläres Ungleichgewicht, das Kniegelenk wird fehlbelastet und unzureichend geschützt.

Prognose und Heilungsdauer

Nach einer Operation muss eine Teilbelastung von zwei bis vier Wochen mit Unterarmgehstützen eingehalten werden. Nach ca. vier bis sechs Wochen ist der Patient wieder alltagstauglich und kann bei einer sitzenden Tätigkeit in den Beruf zurückkehren. Bei einer stehenden oder körperlich belastenden Arbeit dauert es ca. drei Monate. Nach sechs bis neun Monaten können sportliche Aktivitäten und die Rückkehr in den Leistungssport erreicht werden. Normalerweise sollte der Betroffene nach maximal einem Jahr wieder voll leistungsfähig sein und keine Einschränkungen verspüren. Leider zeigen Studien, dass nur etwa 60-70% der Sportler auf ihr vorheriges Sportniveau zurückkehren können.

Mit der Verletzung des Kreuzbandes können Langzeitfolgen auftreten. Letztere können sekundäre Begleitverletzungen wie Knorpel- und Meniskusschäden oder Arthrose sein.

Es ist allgemein bekannt, dass es schwierig ist den ursprünglichen Zustand des Kniegelenks zu erreichen. Die Lage und Beschaffenheit eines verletzten oder operierten Kreuzbandes ist nicht komplett wie vor dem Unfall und setzt somit die sensomotorische Qualität herab. Das heisst, das Kreuzband hat Sensoren, die dem Gehirn Informationen über die Lage und Spannungszustände des Knies Bescheid geben. Bei einer Verletzung ist dieser Vorgang gestört. Daher kommt es häufig zu Re-Rupturen des Kreuzbandes.

Fazit

Ob mit oder ohne Operation ist die Heilung einer Kreuzbandverletzung sehr wahrscheinlich. Sie braucht einfach eine gewisse Zeit und muss am Anfang vor erhöhten Belastungen geschützt werden. Ausserdem sollte eine intensive, an die Bedürfnisse angepasste Rehabilitation erfolgen, denn mit der Physiotherapie können bestmögliche Ergebnisse erzielt werden.

Da eine Kreuzbandverletzung langwierig und kompliziert sein kann, ist es wichtig, dass man sich auch mit der Prävention dieser Verletzung beschäftigt. In der Physiotherapie liegt der Fokus zunächst auf der Funktionsverbesserung des Knies und den Wiedereinstieg ins alltägliche (Berufs-) Leben. Später wird die Prävention mithilfe von speziellen Übungen angegangen, mit denen Verletzungssituationen simuliert und wichtige Muskeln trainiert werden.