„Move your body and your mind will follow“, sagen die Amerikaner. Das kann ich bestätigen. Zweimal habe ich den Endorphin-Kick auf der Marathon-Zielgeraden bereits gespürt.
In den 80er-Jahren fand man heraus, dass Bewegung bei der Behandlung von Depressionen hilft. Wissenschaftlich belegt ist, dass Sport die Produktion von sogenannten Neurotransmittern wie Serotonin und Dopamin (auch bekannt als Glückshormone) erhöht. Diese sind für ihre stimmungsaufhellende und ermüdungshemmende Wirkung bekannt. Zudem werden durch Bewegung Stresshormone wie Adrenalin und Cortisol abgebaut.

Aus meinem Erfahrungsschatz als langjährige Läuferin und in Anlehnung an das Buch „Ready to Run“ (2015) von Kelly Starrett, das ich Laufinteressierten wärmstens empfehlen kann, stelle ich Ihnen in einer dreiteiligen Serie Grundlagen, Übungen, Fakten und Tipps zum Thema Laufen vor. Schliesslich sollen Sie den Sport ein Leben lang schmerzfrei und voller Freude ausüben können.

Die richtige Fussposition

Am besten nehmen Sie eine neutrale Fussposition beim Laufen ein, sodass die virtuelle Verbindung vom Aussenknöchel mit der jeweiligen grossen Zehe in der Sagittalebene (Gehrichtung) eingeordnet ist. Eine Grundlage hierfür bildet eine gute Rumpfstabilität mit einer neutralen Wirbelsäulenposition.

Mit folgender Übung im Stand lässt sich diese Verankerungssequenz üben:

1. Gesäss anspannen, damit das Becken in eine neutrale Stellung kommt.
2. Tief in den Bauch einatmen (Vorwölbung) und beim Ausatmen flacht der Bauch ab, indem die Bauchmuskeln angespannt werden.
3. Der Kopf ist in der Verlängerung der Wirbelsäule eingeordnet (Ohrläppchen auf Ebene des Schulterdaches) und die Vorstellung einer „auspressenden Zitrone zwischen den Schulterblättern“ hilft, um eine ergonomische Wirbelsäulenhaltung einnehmen zu können. Die Schultern sollten sich minimal nach aussen drehen und der Brustkorb ist minimal geöffnet.

Circa 75 Prozent dieser Maximalspannung ist im Alltag empfehlenswert.

Beweglichkeit des Sprunggelenks

Frei bewegliche Sprunggelenke ermöglichen eine Optimierung der Laufökonomie und unterstützen das Laufen mit maximaler Elastizität und Sprungkraft.

Sprung- und Landetechnik

Eine gut funktionierende Körpermechanik bildet im Laufsport das Fundament. Oft korrelieren Fehler einer guten Absprung- und Landetechnik mit einer unergonomischen Kniebeugetechnik. In diesem Zusammenhang stehen auch Schäden beim Laufen, da man mit drei- bis vierfacher Eigengewichtskraft Bodenkontakt bekommt.

Zu den beiden häufigsten Fehlern zählen:

  • Knie sind zu weit vorne über den Zehen positioniert und die Schienbeine stehen nicht senkrecht. Dadurch geht die Verbindung mit der hinteren Muskelkette (vordergründig Rücken-, Gesäss- und Oberschenkelmuskeln) verloren.
  • Eine nicht verankerte Mittellinie und eine schlecht aufgerichtete Lendenwirbelsäule (unterste Teil des Rückens). Die Rumpfmuskulatur ist nicht aktiviert und das Becken kippt nach hinten (Siehe Abbildung 1) oder nach vorne (siehe Abbildung 2).

Beide Fehler generieren einen Kraftverlust der hinteren Muskelkette, wobei die Knie und der untere Rücken vermehrt Scherkräfte abbekommen.

Das richtige Schuhwerk

Barfusslaufen entspricht vielmehr unseren anatomischen Grundlagen und es sollte möglichst auf Dämpfung im Schuhwerk verzichtet werden, um einen möglichst natürlichen Laufstil gewährleisten zu können. Die Ausnahme gilt hierbei bei Fussfehlstellungen (Knick-/Senk-/Spreizfuss) oder einer Tendenz auf den Fersen zu laufen. Ohne die Einlagen wäre keine optimale biomechanische Belastung im Fuss-/ Knie- und teilweise auch im Hüftgelenk gewährleistet, was längerfristig zu degenerativen Veränderungen in den genannten Gelenken führen und sich teilweise auch in Schmerzen oder muskulären Verspannungen äussern kann. Hier ist ein kurzfristiger Einsatz von Einlagen sinnvoll. Wobei parallel dazu je nach Symptomatik ein Training der Fussmuskeln / Beinachsenstabilität und Kräftigung der Rumpf- /Rücken- und Beinmuskulatur angebracht ist.

Brustwirbelsäule

Man hört immer wieder die bekannte Floskel, dass eine gut trainierte Rumpfmuskulatur wichtig für das Laufen sei. Wobei oft vergessen wird, dass der gesamte Kraftfluss zwischen den Rumpf- und Gesässmuskeln nur optimal fliessen kann, wenn die Brustwirbelsäule (BWS) genügend Beweglichkeit vorweisen kann. Falls dies nicht der Fall ist, sind Schultern und Kopf nicht anatomisch korrekt ausgerichtet, was zu einer vermehrten Belastung dieser Region, als auch des unteren Rückens führt und teilweise auch in Nacken- bzw. Rückenbeschwerden resultiert.

Nicht selten sind auch Knie- und Hüftbeschwerden, als auch eine eingeschränkte Schulterauswärtsbewegung in diesem Zusammenhang zu beobachten. Oftmals führt die eingeschränkte Beweglichkeit in der BWS auch dazu, dass man beim Laufen weniger Kraft generieren kann und dementsprechend mit einer tieferen Geschwindigkeit unterwegs ist. Dem Entgegenwirken kann man mit spezifischen Beweglichkeitsübungen zur Verbesserung der Brustwirbelsäulenbeweglichkeit.

Hüftbeugung und Hüftstreckung

Um einen möglichst effizienten Laufstil vorweisen zu können, sind diese beiden Hüftfunktionen essentiell. Die Beugemuskulatur der Hüfte neigt häufig (unter anderem bedingt durch unsere vermehrt sitzende Tätigkeit), zur Verkürzung. Diese sollte folglich am besten täglich in kurzen dynamischen Einheiten gedehnt werden.

Zur Optimierung der Hüftstreckung ist ein Kraftaufbau der hinteren Muskelkette, mindestens zweimal wöchentlich mit maximaler Ermüdung an 3 Serien mit circa 8 bis 12 Wiederholungen empfehlenswert. Beispielsweise sind hierfür Übungen wie Good Mornings, Einbeiniges Kreuzheben mit Kettlebells, Monsterwalk, Bridging oder die Muschelübung sehr geeignet. Zudem ist es empfehlenswert, am Anfang des Lauftrainings nach einem kurzen Aufwärmen 1 bis 2x pro Woche circa 5- bis10-minütige Laufschulübungsblöcke zur Optimierung des Laufstils und folglich einer besseren Dynamik der Hüftbeugung und -streckung zu integrieren.

Warm-up und Cool-down

Eine Auf- und Abwärmphase vor und nach jedem Training ist essentiell zur Verletzungsprophylaxe und dient einer schnelleren Regenerationsfähigkeit der Muskulatur.

Zwei bis dreiminütige dynamische Ganzkörperbewegungen wie Air Squats, Burpees, Ausfallschritte, als auch Seilspringen sind wirkungsvolle Übungen, um Gelenke und Gewebe aufzuwärmen.

Die Abwärmphase lässt sich sinnvoll mit Übungen für die Beweglichkeitsschwachstellen oder spezifischen dynamischen Dehnübungen gestalten. Dies verbessert den Milchsäureabtransport aus den Muskeln, sonst besteht die Gefahr eines Laktatüberschusses, was zu einer erhöhten Leistungsabschwächung führen kann.

Auch empfehlenswert ist die Anwendung einer kalten Dusche, welche zusätzlich zu einer Reduktion der Körperwärme führt. Von einer sofortigen Immobilisation direkt nach dem Training ist dringend abzuraten, da dies einen negativen Einfluss auf eine reibungslose Blutzirkulation und folglich der Muskelregeneration hat. Nur schon wenige Minuten in das Cool Down zu investieren sind ausreichend.

Es gilt dabei zu beachten: Je intensiver das Training war, desto länger sollten die Auf- und Abwärmphasen sein.

Mobilisation

Anhand folgender Standards lassen sich Defizite herausfinden, welche hinderlich für einen ökonomischen Laufstil sind:

  • Fehler im Lebensstil: Dehydration, Tragen von Schuhen mit hohem Absatz oder stetigem Einlageneinsatz, vermehrt sitzende Tätigkeit, ungesunde Körperhaltung beim Laufen
  • Beweglichkeitsprobleme: Unelastisches/minderdurchblutetes Gewebe, limitierte Gelenksbeweglichkeit
  • Haltungsprobleme: Inkorrekte Kniebeugeposition, neutrale Wirbelsäulenstellung kann nicht gehalten werden
  • Bewegungsprobleme: Laufen nur mit Fehlstellung in Knien und Füssen möglich

Die Konsequenzen sind Leistungsprobleme: Schmerz, Verletzung, Leistungsverlust

Als Leitlinien für die Arbeit an den Standards gelten folgende Regeln:

  • Mindestens 10 Minuten täglich: Wählen Sie einen Zielbereich pro Tag aus.
  • Zwei Minuten fokussiert an der Mobilisation zu arbeiten, bildet die Grundlage, um effektive Veränderungen im Gewebe erzielen zu können.
  • Bereiche über- und unterhalb der Problemzone auch mitmobilisieren, um bleibende Verbesserungen erzielen zu können.
  • Stark unangenehme Schmerzen sollten vermieden werden, um Gewebeschäden vorzubeugen.
  • Kreativ sein in der Übungsauswahl. Dies führt zu einer verbesserten Mobilität des Gewebes, wenn unterschiedliche Reize auf das Gewebe appliziert werden.
  • Haltung mit neutraler Wirbelsäulen- und Knieposition beachten.
  • Keine Pausentage einlegen bezüglich der Mobilisationsarbeit und Körperergonomie am Arbeitsplatz. Hingegen mindestens einen Pausentag im restlichen Training einzulegen, ist empfehlenswert.

Schmerzen

Schmerzen vor oder nach dem Laufen sind oft ein Zeichen, dass Sie sich nicht funktionell bewegt haben. Dieser Leitsatz von Kelly Starrett soll Sie dafür sensibilisieren, dass Sie auf alle Körpersignale sofort reagieren und nicht noch Tage lang weiter trainieren, bis die Schmerzen bzw. die Schwellung so schlimm werden, dass Sie dadurch am Rennen gehindert werden. Als Schmerzprophylaxe sind ein ausreichendes Warm-up vor dem Laufen, als auch tägliche Mobilisationsübungen für individuelle Problembereiche am Bewegungsapparat essenziell. Bei Schmerzen während des Laufens empfiehlt es sich, das Training sofort abzubrechen oder es dementsprechend zu verkürzen.

Flüssigkeitszufuhr

Personen, welche körperlich aktiv sind, ist es zu empfehlen circa 2 bis 3 Liter Flüssigkeit zu trinken, damit der Körper ausreichend mit Wasser versorgt ist. Mangelnde Gewebehydration kann die VO2 Max (maximale mögliche Sauerstoffaufnahme zur Aufrechterhaltung der Laufleistung) um bis zu 11 Prozent senken. Zudem werden auch die Gelenkfunktionen und die Gleitfähigkeit der Gewebeoberflächen eingeschränkt, welche beim Training belastet werden. Das beim Training produzierte Laktat kann nicht richtig abtransportiert werden.

Dieselben Leistungseinbussen gelten bei der Unterversorgung mit Elektrolyten. Deswegen empfiehlt es sich bei Läufern, welche mehrmals pro Woche regelmässig mit verschiedenen Intensitäten laufen und eher zu Muskelkrämpfen während oder nach Laufdistanzen von über 10 km neigen, während Lauftrainingseinheiten von über einer Stunde das Wasser mit einer Prise Salz anzureichern. So kann das Verdauungssystem das Wasser besser aufnehmen. Als Alternative eignen sich auch spezifische Elektrolyttabletten. Zudem sollte auch auf eine ausreichende Versorgung mit Magnesium geachtet werden. Letzteres kann der Körper am besten im Schlaf aufnehmen und es empfiehlt sich dementsprechend ein Sachet davon (bspw. Magnesiocard oder Diasporal) vor dem Schlafen gehen einzunehmen.