Rückenschmerz ist die häufigste Muskel-Skelett-Erkrankung in unserer modernen Gesellschaft. Weltweit sind 9% der Bevölkerung akut betroffen (Punktprävalenz). Obwohl Rückenschmerzen manchmal durchaus durch ernsthafte Erkrankungen oder Veränderungen bedingt sein können, sind 85% davon sogenannte «unspezifische Rückenschmerzen» und können nicht auf EIN bestimmtes Problem zurückgeführt werden.

Was sind unspezifische Rückenschmerzen

Unspezifische Rückenschmerzen werden als «komplex» und «multifaktoriell» beschrieben. Das bedeutet, dass eine einfach mechanisch, anatomische Erklärung (z.B. «das ist die Bandscheibe»), meist nicht ausreicht. Die aufgetretenen Schmerzen werden durch viele äussere und innere Faktoren beeinflusst. Manche davon können Sie aktiv beeinflussen, andere nicht.

Uraschen/Faktoren für Rückenschmerzen, die Sie beeinflussen können

  • Verhaltensmuster: z.B. viel Sitzen regelmässig durch Bewegung unterbrechen
  • Hohe Belastungen: z.B. schwerer Einkauf erst aufteilen, dann hochheben
  • Lebensstil: z.B. Stress bei nicht erfüllender Arbeit
  • Glaubenssätze: z.B. «Mein Rücken ist kaputt und ich bin sowieso zu alt.»
  • Emotionen: z.B. Trauer, Depressionen etc.

Uraschen/Faktoren für Rückenschmerzen, die Sie nur schwer oder nicht beeinflussen können

  • Soziale Faktoren: z.B. alleinerziehendes Elternteil muss seine Kinder trotz Rückenschmerzen versorgen
  • Wirtschaftliche Faktoren: z.B. Familienmutter/Hauptverdienerin kann Arbeitsbelastung nicht reduzieren
  • Kultur: z.B. ist es Frauen in gewissen Kulturen untersagt, Sport zu treiben
  • Vergangenheit: z.B. frühere Verletzungen
  • Genetische Faktoren: z.B. eine stark verkrümmte Wirbelsäule oder Beckenverschiebungen

Wie hilft die Physiotherapie bei unspezifischen Rückenschmerzen?

Unspezifischer Rückenschmerz kann durch zahlreiche innere und äussere Faktoren beeinflusst oder verstärkt werden (siehe unten). Daher ist es sehr wichtig, dass der Physiotherapeut individuell auf den Patienten eingeht und die Behandlung individuell abstimmt. In einem anfänglichen Gespräch und der Untersuchung findet der Physio gemeinsam mit Ihnen heraus, welche Faktoren zu Ihren Rückenschmerzen beitragen könnten. Dabei orientiert er sich am «Biopsychosozialen Modell» – es berücksichtigt alle körperlichen, psychologischen wie auch sozialen Faktoren.

Selbstmanagement als Basis für den Behandlungserfolg von Rückenschmerzen

Anschliessend wird der Therapeut Sie umfassend aufklären und Ihre Fragen beantworten. Studien zeigen, dass informierte Patienten, die selber aktiv an Ihrer Genesung beitragen wollen, bessere Heilungserfolge erzielen. Gute Physiotherapeuten unterstützen und begleiten Sie deshalb in der Regel beim «Selbstmanagement». Sie versuchen auch, Ihre Kompetenzen zu stärken und Ihr Wissen zu erweitern. Dabei ist es wichtig, dass Sie bei akut auftretenden Rückenschmerzen von Anfang an aktiv bleiben.

Krafttraining gegen Rückenschmerzen

Bei länger andauernden Rückenschmerzen sind Kraft-, Ausdauer- und funktionelles Training ein wichtiger Bestanteil der Physiotherapie. Zusätzlich sind Unterstützung und Begleitung bei negativen Verhaltensmuster sowie das Erlernen von Entspannungstechniken empfohlen.

Ganzheitlicher Ansatz bei Rückenschmerzen

Häufig vergehen akut auftretende Rückenschmerzen nach wenigen Wochen von selbst wieder. Die Medizin zieht in den meisten Fällen Bewegung der Bettruhe vor. Psychosoziale Faktoren müssen von Anfang an beachtet werden und bei Schmerzmitteln (NSAR) gilt: so viel wie nötig, so wenig wie möglich. Die Behandlung sollte möglichst frühzeitig interdisziplinär und kombiniert angeboten werden. Das bedeutet, dass idealerweise mehrere Berufsgruppen zusammenarbeiten. Beispielsweise könnte ein Diätologe bei der Gewichtsreduktion helfen, eine Sozialarbeiterin Strategien für die zu hohe Belastung in Familie und Beruf erarbeiten und ein Physiotherapeutin beim Erhalt und der Wiedererlangung von körperlichen Fähigkeiten unterstützen.